Vor
dem Krieg war Berlin der größte Eisenbahnknotenpunkt Deutschlands, mit seinen
weitläufigen Gleisanlagen und den über das
ganze Stadtzentrum verteilten großen Kopfbahnhöfen, wie dem berühmten
Anhalter Bahnhof, dem Lehrter-, Görlitzer-, Potsdamer- und dem Stettiner
Bahnhof. Dazu kamen mit dem
Schlesischen Bahnhof, dem Bahnhof Friedrichstraße, Zoologischer Garten und
Alexanderplatz weitere wichtige Fernbahnhöfe. Das Berliner Eisenbahnnetz
galt zu dieser Zeit in seiner Anordnung als vorbildlich. Durch die
Ringbahn und den Ausbau der Vorortbahnen wurden zahlreiche
Umsteigemöglichkeiten zwischen Fern- und Vorortbahnen geschaffen, die
den Schienenverkehrsknoten Berlin als nahezu perfekt erscheinen ließen.
Doch zwischen den Kopfbahnhöfen klaffte eine Lücke, die sich mit der
industriellen und städtebaulichen Weiterentwicklung Berlins immer
negativer bemerkbar machte. Die Idee einer Nord-Süd-Verbindung, spielte
in den stadtplanerischen Überlegungen bereits zu Beginn des 20.
Jahrhunderts eine Rolle.
Im Jahre 1910 wurden im Zusammenhang mit dem Wettbewerb zur Gestaltung
"Groß-Berlins Pläne bekannt, die den Bau einer unterirdischen
Verbindungsbahn von Süd nach Nord vorsahen. Zwei neue Zentralbahnhöfe,
einer im Süden und einer am nördlichen Kreuzungspunkt mit der Stadtbahn,
sollten die bisherigen Kopfbahnhöfe überflüssig machen und ersetzen. Zur
Verwirklichung der Pläne kam es aber nicht, da der Erste Weltkrieg neuen
und so kostspieligen Verkehrsvorhaben ein Ende setzte. Erst im Jahre
1934 wurde die Idee einer Nord-Süd Verbindung wieder aufgegriffen,
allerdings ohne die Idee eines Zentralbahnhofes zu realisieren. Mit dem
Bau der S-Bahnlinie 1 wurde die Nord-Süd Verbindung geschaffen, die
jedoch lediglich dem S-Bahnverkehr vorbehalten blieb. So waren die
Kopfbahnhöfe weiterhin die wichtigen Anlaufstationen für den
Fernverkehr. Innerstädtisch waren sie durch die Ringbahn verbunden
Im II. Weltkrieg
wurden durch unzählige Bombenangriffe und weiterer massiver Kriegseinwirkung, ein Großteil der Bahnanlagen und Bahnhöfe in ganz Berlin zum Teil
schwer beschädigt oder zerstört.
Nach dem Krieg wurde durch Beschluss der
Alliierten, die Verwaltung der Bahnanlagen, der Bahnhöfe und des gesamten
Bahnbetriebes der Stadt, der Deutschen Reichsbahn übertragen. Nach Gründung
der DDR musste der Name Deutsche Reichsbahn aus formaljuristischen Gründen
erhalten bleiben. Hierzu war die Zustimmung der Westalliierten erforderlich.
Gleichzeitig erhielt die neue DDR-Reichsbahn die Betriebsrechte für den
gesamten Bahnbetrieb, also auch für den Eisenbahn- und S-Bahnverkehr in
West-Berlin. Die westlichen Alliierten erhielten als Gegenleistung die
Zusicherung über die freie Nutzung der Transitwege. Die mehr oder weniger zerstörten
Bahnhöfe wurden provisorisch wieder hergerichtet und zunächst teilweise noch genutzt.
Doch im Jahre 1952 war das Schicksal der Kopfbahnhöfe endgültig besiegelt,
da die DDR-Führung anordnete, dass alle Züge am im Osten der Stadt
gelegenen Ostbahnhof, dem ehemaligen Schlesischen Bahnhof, zuerst halten sollten und somit ein weiterer Betrieb
der im Westteil der Stadt liegenden Bahnhöfe verhindert wurde. Dadurch und
auch auf Grund der politischen Machtverhältnisse, verlagerte sich der
Hauptschienenverkehr in den Ostteil der Stadt und auf den durch die
DDR-Reichsbahn sukzessive weiter ausgebauten Berliner Ring. So wurden alle
wichtigen Fernbahnlinien um West-Berlin herum geleitet. Die
umfangreichen Bahnanlagen im Westteil der Stadt wurden zum Großteil nur noch für
den nötigsten Güterverkehr genutzt und verkümmerten zu einem Schattendasein,
erst recht nach dem Mauerbau und der damit erfolgten endgültigen Teilung der
Stadt.
Entsprechend war der Zustand zuletzt. Der einzige in West-Berlin verbliebene Fernverkehr in Form der
Interzonenzüge, wurde komplett über die Stadtbahnstrecke geführt und hatte
mit dem Grenzbahnhof Friedrichstraße seinen Ausgangs- und Endbahnhof.
Nach der Wende
stand man vor einer völlig neuen Situation. Durch die sich dadurch
ergebenden neuen Möglichkeiten und dem stetig steigenden Verkehrsaufkommen,
musste ein neues und modernes Schienenkonzept geplant werden, das nicht nur
den Fernverkehr, sondern auch den Regional- Vorort- und S-Bahnverkehr
berücksichtigen musste.
Mit dem Bau
des neuen Bahnhofs, dem größten Kreuzungsbahnhofs Europas und
gleichzeitig dem ersten
Hauptbahnhof in der Berliner Eisenbahngeschichte,
wurde fast exakt an der Stelle des historischen Lehrter Bahnhofes ein neuer zentraler Bahnknotenpunkt geschaffen,
der alle Fernbahnstrecken bündelt und für den heutigen und zukünftig weiter
stark steigenden Schienenverkehr
gerüstet ist. Der neue Hauptbahnhof liegt in unmittelbarer Nähe des
Regierungsviertels und fügt sich hervorragend in das städtische
Umfeld ein. Die Gebäude stellen in Form und Bauart eine architektonische und
bautechnische Meisterleistung dar. Für den Ost-West-Verkehr in der 321 Meter langen oberirdischen
Bahnhofshalle werden die Gleise der Stadtbahnstrecke genutzt. Für den
Nord-Süd-Verkehr in der 15 Meter tief gelegenen und 180 Meter langen
Bahnhofshalle musste eine ganz neue Strecke gebaut werden, die die
Verbindung zum nördlichen und südlichen Gleisnetz herstellt und die mit dem
neu gebauten Nord-Süd-Tunnel durch den Tiergarten eine weitere große bauliche
Herausforderung bedeutete. Im Rahmen dieser umfangreichen Neubaumaßnahmen wurden
neben dem Ausbau des unterirdischen S- und U-Bahnhofs Potsdamer Platz
als Haltepunkt für den Regionalverkehr, auch zwei neue
Fernbahnhöfe mit dem Bahnhof Gesundbrunnen und dem Südkreuz geschaffen, die das so
genannte Pilzprojekt komplettieren. Die neuen Fernbahnhöfe
entstanden durch Umbauten der bisherigen S-Bahnhöfe Gesundbrunnen und Papestraße.
Durch die neue Nord-Süd Verbindung wird die stark befahrene Stadtbahn deutlich entlastet und
die Fahrgäste können sich über erhebliche Fahrzeitverkürzungen im
Nah- und Fernverkehr freuen.
Panoramabild
Hauptbahnhof: hier klicken!
Neben diesen
umfangreichen Neu- und Umbauprojekten wurde in den vergangenen
Jahren auch das marode S-Bahn-Netz von Grund auf erneuert und modernisiert, die
durch die damalige Teilung bedingten Lücken geschlossen und der gesamte
Fahrzeugpark erneuert. Weitere Baumaßnahmen, wie die völlige
Neugestaltung des Bahnhofes Ostkreuz, sind in der Planung oder wurden schon
begonnen. |